30. Dezember 2013

Anonyme Harrys


Das Bundesgericht hat im November über einen Streit um die Marke «Harry Popper» geurteilt, die von einem Kondom-Hersteller für sein Produkt eingetragen worden war. Damit war der Inhaber der Rechte an «Harry Potter» nicht einverstanden. Und vom Tisch ist der Streit auch nach dem Urteil aus Lausanne noch nicht. Dafür ist die Welt um einen grossen Lacher reicher. Das höchste Schweizer Gericht brachte es nämlich fertig, in dem auf Internet aufgeschalteten Urteilstext die Namen beider Harrys abzudecken (Urteil 4A_224/2013). Der Zauberer wurde wurde zum schlichten S. und das Kondom zu einem schnöden Z. Und ganz im Dunkeln bleibt wohl für immer, wer von beiden so dringend auf Schutz durch Anonymität angewiesen war.

2 Kommentare:

  1. Lieber fel.
    Ok, wir haben es langsam kapiert: Manchmal schiesst das Bundesgericht bei der Anonymisierung übers Ziel hinaus.
    Aber wie wäre es mal mit einer Story über die andere Seite der Medaille? Konsequente Abstrafung unliebsamer Rechtsanwälte durch Nichtanonymisierung der Parteivertreter? Schlampereien bei der Anonymisierung in Fällen, wo die nachteiligen Folgen für die Betroffenen ins Auge springen? Zusammenhänge zwischen Anonymisierung, Veröffentlichungspraxis und Suchmaschinen?
    Hoffe auf spannende Einsichten durch einen Perspektivenwechsel!

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  2. Lieber Anonym
    Weit über 99% der Anonymisierungen sind vielleicht unnötig, aber grundsätzlich nicht zu beanstanden. Zu beanstanden ist dagegen, wenn in sensiblen Bereichen dem Schutz Betroffener nicht ausreichend Rechnung getragen wird, weil eine Anonymisierung unterbleibt oder nicht ausreicht. Auf diesen Punkt weise ich seit Jahrzehnten immer wieder hin, zuletzt in einem ausführlichen Aufsatz in der Schweizerischen Juristenzeitung vom 15. November des vergangenen Jahres. Schliesslich gibt es ab und zu Urteile mit total unsinnigen Anonymisierungen, und auch solche sind zu beanstanden, weil durch derart unbedarftes Hantieren Einzelner die Justiz lächerlich gemacht wird. Rechtsanwälte schliesslich sollen grundsätzlich mit vollem Namen zu ihrem Wirken stehen, sei dieses nun löblich oder eher tadelnswert. Gruss fel.

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