Am Münchner Landgericht ist in diesen heissen Tagen laut einer Agenturmeldung ein Anwalt als Verteidiger zurückgewiesen worden, weil er keine Krawatte trug. Die Krawatte sei «Teil der Amtstracht», meinte der vorsitzende Richter, und das Tragen derselben «eine Frage des Respekts vor dem Gericht».
Dass der Schlips etwas mit Respekt zu tun haben könnte, schliesse ich nicht einmal aus. Nach über dreissigjähriger Berichterstattung aus dem Schweizerischen Bundesgericht vermag ich mich an einen einzigen Anwalt zu erinnern, der ohne Krawatte plädierte. Er tat das in der Tat ohne viel Respekt und trat den selbstverständlich Krawatte tragenden Richtern gehörig auf den Schlips. Er wurde vom Kammerpräsidenten förmlich gerügt, aber nicht wegen der fehlenden Halsbinde noch wegen seines Plädoyers. Stein des Anstosses war vielmehr die graue Farbe seines Anzugs, denn das Reglement für das höchste Schweizer Gericht schreibt den Parteivertretern für Verhandlungen keinen Schlips aber «schwarze Kleidung» vor (Art. 48).
Die gleiche Bestimmung gilt übrigens für die Richter selbst. Doch obwohl auch für sie die Krawatte nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist, wagte sich bisher noch keiner mit nacktem Hals in den Gerichtssaal. Viel zu reden gab und gibt dagegen die Frage, ob der Schlips ein Kleidungsstück ist oder ein Accessoire. Gehört die Krawatte nämlich zur Kleidung, müsste sie laut Reglement schwarz sein, und andernfalls dürfte sie in bunten Farben leuchten. Wie so vieles in der Rechtsprechung wurde auch diese Frage nie sauber geklärt. Keiner trägt zwar einen schwarzen Schlips, doch wenn eine Krawatte andere Farbtöne als grau oder silber enthält, wird gemotzt. Ein früherer Abteilungspräsident hatte gar eine ganze Kollektion politisch korrekter Krawatten in seinem Büro. Und wenn der Schlips eines Gerichtsschreibers einen bunten Faden aufwies, wurde er in das präsidiale Büro geschickt mit dem Auftrag, sich dort eine passende Halsbinde auszusuchen.
Logisch ist die am Bundesgericht geltende Krawatten-Ordnung nicht. Entweder ist die Krawatte ein Accessoire und darf daher in beliebiger Farbe leuchten. Oder aber, sie gehört zur Kleidung, und dann hat sie genau so schwarz wie diese zu sein. Daselbst aber versteht das Bundesgericht keinen Spass und schreckt selbst vor verdeckten Ermittlungen nicht zurück. Zumindest in der guten alten Zeit nicht, als ein Abteilungspräsident einmal während des Plädoyers den Weibel damit beauftragte einem hinter dem Anwalt sitzenden Journalisten einen handbeschriebenen Zettel zu überbringen. Darauf stand: «Ist der Anzug des Rechtsanwalts schwarz oder dunkelgrau?». Der Anzug war tatsächlich dunkelgrau, wird kolportiert. Doch der Journalist habe dem Weibel den Zettel mit dem Vermerk «schwarz» zurückgegeben, um eine Unterbrechung der Verhandlung zu vermeiden.
Höchste Zeit, das abzuändern, alte Zöpfe abzuschneiden! Oder, wie in England, Perücken zu fordern, eventuell mit Afrolook.
AntwortenLöschenSind denn Querbinder erlaubt? Und warum muss der ganze Gerichtsaal aussehen wie eine Beerdigungszeremonie, wird dort regelmäßig das Gesetz oder der gesunde Menschenverstand zu Grabe getragen?
AntwortenLöschen@Dierk Hasis
AntwortenLöschenQuerbinder habe ich schon vereinzelt gesehen. Und zu Grabe getragen wird bisweilen beides...
Ein leidiges Thema, das auch in deutschen Gerichtssäälen immer wieder Thema ist. Meine Erfahrung ist allerdings, dass es eher die älteren Richter sind, die auf bestimmte Kleidungsordnung und Tragen der Robe wert legen. Die jüngeren Vertreter der Richterzunft sind da meist kulanter. An heißen Tagen wie heute wird von netten Richtern auch vorab mitgeteilt, dass auf das Tragen der Robe keinen Wert gelegt werde, was in der Regel sehr angenehm ist, da es unter den Dingern warm wird.
AntwortenLöschenIn § 20 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) heißt es in Deutschland
"§ 20 Berufstracht
Der Rechtsanwalt trägt vor Gericht als Berufstracht die Robe, soweit das üblich ist. Eine
Berufspflicht zum Erscheinen in Robe besteht beim Amtsgericht in Zivilsachen nicht. "
Bei allen Gerichten außer dem Landgericht ist Robe daher immer noch üblich. Was man darunter trägt, ist nicht explizit vorgeschlagen. Es gibt dazu differierende Entscheidungen. So gesehen trifft das Gleiche zu wie in der Schweiz, so richtig durchentschieden ist da nichts. Hierzu findet sich auch etwas ind er Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Robe)
Wie der Kollege Hönig schon berichtete, gibt es in Berlin sogar eine Amtstracht-Verordnung (http://www.kanzlei-hoenig.info/amtstracht-fur-rechtsanwalte)
Zusammengafasst dürfte in Deustchland daher bei Gerichten über dem Amtsgericht grundsätzlich die Robe üblich sein und darunter "ordentliche" Kleidung. Einen Schlips würde ich nicht für zwingend halten.
Weshalb man deswegen allerdings einen Aufstand probt und Gerichte bemüht oder Verhandlungen unterbricht, verstehe ich nicht. Hier stimme ich Carsten R. Hoenig zu, da sollte man schon aus Rücksicht auf den Mandanten nachgeben.
p.s. Früher gehörte auch noch eine Kopfbedeckung hinzu, das "Baret", wogegegen ich aufgrund meiner nachlassenden Ahaarpracht eigentlich gar nichts hätte :-) (http://www.lg-wiesbaden.justiz.hessen.de/irj/LG_Wiesbaden_Internet?cid=b0153a91d806e86b67fe7f8ea8761350)
In schwarzer Kleidung? Absurd!
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