4. April 2011

Aushebelnde Justiz

Auf die Frage, ob die Justiz in den vergangenen Jahren ihre Macht ausgebaut habe, gab Bundesrichter Hansjörg Seiler in einem Interview mit der Berner Zeitung eine bemerkenswert offene Antwort:



  • «Ich empfinde es so. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass Grund- und Menschenrechte in der Rechtstheorie ein immer grösseres Gewicht erhalten. Grund- und Menschenrechte sind vage umschrieben. Das gibt den Gerichten viel mehr Kompetenz, im Einzelfall zu konkretisieren. Wann ist zum Beispiel die persönliche Freiheit eingeschränkt? Etwas plakativ formuliert könnte dies jemand reklamieren, wenn er 5000 Franken Steuern zahlen muss. Gerichte können also unter Berufung auf Grundrechte fast beliebig Entscheide fällen und so auch Gesetze aushebeln. Diese Tendenz lässt sich auch auf gesamteuropäischer Ebene beobachten.»

Mit dem letzten Satz spielt Richter Seiler vermutlich auf fragwürdige Tendenzen in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an, wie sie auch hier schon angesprochen wurden (Marschbefehl aus Strassburg).

1 Kommentar:

  1. Einspruch! Die Justiz hat nicht ihre Macht ausgebaut, sondern der Gesetzgeber bei seiner Aufgabenerfüllung die Qualität abgebaut...

    AntwortenLöschen