In der tragischen Sache des Walliser Hanfbauern Bernard Rappaz hat sich nicht viel bewegt, seit im Kalenderblatt vom 25. Oktober davon die Rede war. Er selber bekundet unmissverständlich, dass er seinen Hungerstreik bis zum bitteren Ende fortsetzen will, wenn ihm keine Haftunterbrechung zugestanden wird. Eine solche lehnt das Bundesgericht nach wie vor ab und wiederholt stereotyp, dass die Justiz die Zwangsernährung anordnen dürfe und die Ärzte dieselbe schon vornehmen würden. Die Mediziner berufen sich auf ihre Ethik und erklären unmissverständlich, dass sie den Befehl der Richter nicht ausführen werden. Und auf politischer Ebene schliesslich hat das Walliser Kantonsparlament vergangene Woche wie erwartet und mit deutlichem Mehr eine Begnadigung des zu fast sechs Jahren Freiheitsentzug verurteilten Hanfbauern abgelehnt.
Damit hat Bernard Rappaz sein eigentliches Ziel, der von ihm als ungerecht empfundenen Strafe zu entgehen, definitiv verfehlt. Denkbar sind nun mehrere Szenarien: Rappaz kann seinen Hungerstreik abbrechen und die Strafe wie jeder andere Delinquent auch absitzen. Oder aber er entschliesst sich, dem Strafvollzug zu entgehen, indem er sich willentlich und wissentlich zu Tode hungert. In diesem Fall bleibt darauf zu hoffen, dass die Ärzte ihrer Ethik treu bleiben und dem Befehl der Justiz nicht folgen werden. Denn eine Zwangsernährung, die offenbar sehr brutal ist und eine Fesselung des Betroffenen erfordert, darf keinem urteilsfähigen Sterbewilligen angetan werden, auch nicht einem rechtskräftig verurteilten Straftäter.
Demnächst dürfte der Ball wieder dem höchsten Gericht in Lausanne zugespielt werden, wo der von der Walliser Justiz zur Zwangsernährung des Gefangenen verpflichtete Arzt, seinen «Exekutionsbefehl» anfechten kann. Spätestens dann muss das Bundesgericht seinen Kopf aus dem Sand ziehen und zur Kenntnis nehmen, dass die Ärzte Bernard Rappaz nicht zwangsernähren werden. Es bleibt abzuwarten, ob die Richter über ihren Schatten springen und auch Strafgefangenen das Recht auf einen selbstbestimmten Tod zugestehen werden. Oder ob sie es auf einen Konflikt ankommen lassen, den die Justiz zwar hierarchisch nicht verlieren kann, die Ärzte aber moralisch gewinnen werden.
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