Vor Ostern und vor Weihnacht setzt die Justiz gerne zu einer Art Schluss-Rallye an. Aus irgendeinem, tiefenpsychologisch noch nicht bis ins Detail ausgeloteten Grund müssen vor diesen Stichtagen noch möglichst viele Dossiers erledigt und die dazu
gehörigen Urteile verschickt werden. Für die Gerichtsberichterstatter bedeutet das regelmässig grossen Vorfeiertags-Stress, doch daran haben sie sich längst gewöhnt. Zudem ist die Justiz nicht verpflichtet, der Journaille das Arbeiten zu erleichtern oder gar das Leben zu verschönern.
Auch dieses Jahr kam vor Ostern allein im Bereiche der Bundesjustiz allerhand zusammen. Das Genfer Prostitutionsgesetz, die astronomisch hohe Wettbewerbs-Busse für Swisscom, der Kampf gegen Kormorane am Neuenburgersee, die Antibaby-Pille Yasmin. Um nur das Wichtigste aufzuzählen und natürlich die Urteilsverkündung in Sachen Holenweger nicht zu vergessen. Die mediale Verarbeitung einer solchen Informationsfülle stösst zwangsläufig an Grenzen. Zunächst bei der Verarbeitung, denn auch Journalisten haben nur einen Kopf und zwei Hände. Dann aber auch bei der Veröffentlichung, denn selbst Online-Medien kennen ein Limit, von der begrenzten Seitenzahl und den fehlenden Ausgaben der gedruckten Presse an Karfreitag und Ostermontag ganz zu schweigen. Und schliesslich auch bei der Wahrnehmung, sind doch viele Medienkonsumenten über Ostern abwesend.
Das müsste die Justiz veranlassen, ihr vorweihnächtliches und vorösterliches Verhalten zu überdenken. Eher unangenehme Entscheide, von denen möglichst niemand reden soll, kann man getrost wie die berühmte Sau durch das Oster-Rallye hetzen. Wo dagegen ein Urteil Denkanstösse geben, eine gesellschaftliche Diskussion auslösen, politisch nachhaltig wirken oder ganz einfach eine Glanzleistung der Justiz dokumentieren soll, sind die zwei Tage vor Ostern oder Weihnacht ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt. Solche Entscheide würden besser mit etwas zusätzlichem Einsatz bereits eine Woche früher erledigt, oder aber mit etwas Geduld erst am Dienstag nach Ostern verschickt.
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