22. April 2010

Es werde gedruckt!



Dass Richter nicht twittern ist an dieser Stelle schon früher vermerkt worden (Kalenderblatt vom 4. März 2010). Und dass sie der Informatik gegenüber ganz allgemein mehrheitlich skeptisch eingestellt sind, dürfte gerichtsnotorisch sein. Das erste Faxgerät im Schweizer Bundesgericht stand nicht in der Kanzlei, sondern im Pressezimmer. Und zumindest bis vor kurzer Zeit noch gab es Richter, die sich damit brüsteten, dass sie ihre elektronische Post nicht zur Kenntnis nehmen.


Dieser Tage nun war der Presse zu entnehmen, dass richterliche IT-Phobie in Deutschland offenbar nicht minder gut gedeiht. Obwohl ein Gesetz seit drei Jahren die elektronische Führung der Handelsregister vorsieht, erstritt sich ein Amtsrichter aus Bochum das Recht, weiterhin auf Papier zu arbeiten. Nicht einmal selbst auszudrucken braucht er seine Akten. Von ihm zu verlangen, eigenhändig mit der Maus den Druck-Befehl auszulösen, verletze die richterliche Unabhängigkeit, befand der Dienstgerichtshof für Richter am Oberlandesgericht Hamm. Und wörtlich (laut faz.net): «Die Zulässigkeit, der Richterschaft eine neue Technik zur Verfügung zu stellen, führt nicht dazu, dass der Richter auch ausnahmslos verpflichtet ist, diese Technik tatsächlich zur Anwendung zu bringen.» Mit dieser Begründung könnte ein Richter wohl auch darauf bestehen, dass Boten zu ihm entsandt werden, weil er die Technik des Telefonierens nicht zur Anwendung bringen will...
fel.

2 Kommentare:

  1. Wenn von über 20.000 Richtern in Deutschland einer dafür streitet, dass er elektronisch eingebrachte Anträge ausgedruckt bekommt, kann man wohl noch nicht auf gedeihende richterliche IT-Phobie schließen (ich kenne einen Journalisten (!), der keinen Computer anrührt, aber daraus kann man wohl auch noch nicht auf IT-Phobie unter Journalisten schließen). Das angesprochene Urteil ist übrigens noch nicht rechtskräftig.

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  2. Meiner Wahrnehmung nach ist IT-Phobie unter Journalisten leider nicht nur in Einzelfällen anzutreffen...

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