20. März 2010

Das Grollen der Bäuche



Was haben Gewaltexzesse Jugendlicher und hohe Entschädigungen für Manager miteinander zu tun? Beides provoziert das Grollen der Bäuche. Aus deren Tiefe ertönt der Vorwurf der Kuscheljustiz, wenn jugendliche Gewalttäter nicht mit der dem Volksempfinden genehmen Härte angefasst werden. Und von Abzocke ist die Rede, wenn ein Managergehalt Dimensionen erreicht, die Volkes Seele nur populären Spitzensportlern gönnt.


Dass Strafe sein muss und auch mit Jugendlichen nicht so large umgegangen werden darf, wie das einigen Alt-68-ern in der Justiz noch immer vorschwebt, steht ausser Frage. Genau so falsch ist es indes, wenn nicht einmal mehr gefragt wird, was denn mit der Bestrafung jugendlicher Delinquenten erreicht werden soll. Und wo selbst eine Erhöhung der Rückfallsquote in Kauf genommen wird, nur um die im Bauch als gerecht empfundene harte Strafe durchzusetzen, hat der Kopf endgültig abgedankt.


Nicht anders, wenn Politiker und Journalisten hyperventilieren, sobald nur das Reizwort Bonus fällt. Ob eine Erfolgsprämie vertraglich geschuldet ist oder in einem Betriebsbereich ausbezahlt wird, der trotz Krise erfolgreich arbeitet, interessiert nicht. Sogar ein Bonus, der einem in der Krise gerufenen Sanierer für eine Halbierung des Jahresverlusts versprochen wurde, geriet unlängst unter Beschuss der Politik mit der Begründung, die Bank schreibe ja noch immer Verluste. Und selbst die Gesetze des internationalen Markts für Führungskräfte lässt der Bauch nicht mehr gelten, wenn ein Managerlohn als «schlicht nicht mehr nachvollziehbar» und deshalb als unanständig hoch empfunden wird. Wobei ich bis jetzt nicht zu ergründen vermochte, wie man ein Salär «nachvollzieht».
fel.


PS: Den Gipfel der Gedankenlosigkeit erklimmen gewisse Medien in der gegenwärtigen Abzockerdebatte, wenn sie - offenbar um das englische Wort Manager zu vermeiden - von Patrons sprechen, und übersehen, dass Patrons Eigentümer des Unternehmens sind und dieses daher per definitionem nicht abzocken können.

3 Kommentare:

  1. Genau so falsch ist es indes, wenn nicht einmal mehr gefragt wird, was denn mit der Bestrafung jugendlicher Delinquenten erreicht werden soll. Und wo selbst eine Erhöhung der Rückfallsquote in Kauf genommen wird, nur um die im Bauch als gerecht empfundene harte Strafe durchzusetzen, hat der Kopf endgültig abgedankt.

    Gar nie gefragt werden leider die Opfer: Auf dem Heimweg überfallen und zusammengeschlagen?

    7 Monate bedingt, eine Geldstrafe, die der Täter nie bezahlen wird, und Genugtuung/Entschädigung, die das Opfer beim Täter selbst einfordern muss … vielleicht, wenn das Opfer dem Täter beim nächsten Migros-Einkauf begegnet?

    Das Beispiel ist echt, betrifft allerdings keinen Jugendlichen mehr. Ein Jugendlicher wäre in diesem Fall gar nicht spürbar bestraft worden.

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  2. Carlo Luigi Caimi21. März 2010 um 17:18

    Bravo Markus! Deine Überlegungen gefallen mir sehr! Ich bin z.Zt Koordinator einer Untergruppe der Rechtskommission des Tessiner Kantonsrates, die sich mit dem Thema "Jugendunbehagen" befasst, und kann Deine Ausführungen über Sinn und Zweck der Jugendstrafen nur teilen. Danke für Deine immer interessanten Anregungen. Bis bald. Ciao!

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  3. Bonus für vernünftige Sicht zu zwei heiklen Themen!

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