25. März 2010

Streit um das Matterhorn


Mitte der 80er-Jahre wurde vor Bundesgericht ein Streit um Eigentumsrechte am Gipfel des Matterhorn ausgetragen. Wenn ich mich richtig erinnere, waren sich darob die Munizipalgemeinde Zermatt und die Burgergemeinde Zermatt in die Haare geraten. Eine der beiden Seiten schaffte es in der Folge, das Ergebnis des Verfahrens in den Medien so dazustellen, dass ein komplett falscher Eindruck entstand. Und weil die akkreditierten Journalisten aufgrund der damaligen Informationspraxis des höchsten Gerichts nicht rechtzeitig korrekt über das Urteil berichten konnten, verfestigte sich der falsche Eindruck zur Gewissheit.



Was das Gericht erboste und zunächst einmal auf die Journaille im eigenen Haus schimpfen liess. Diese spielte den Ball zurück und machten klar, dass niemand über Urteile berichten könne, die er im kritischen Moment gar nicht in den Händen hat. In der Folge raufte man sich zusammen und schuf im Jahre 1987 ein System, des es den Journalisten verbietet, vor Ablauf einer präzisen Schonfrist von sich aus zu informieren, es ihnen aber erlaubt, en toute connaissance de cause zu reagieren, sobald eine Streitpartei die Öffentlichkeit aus ihrer Sicht informiert. Die Lösung wurde in den folgenden Jahren noch verfeinert und austariert und bewährt sich seit nunmehr bald einem Vierteljahrhundert. Das Ganze funktioniert so sicher wie die Schweizer Eisenbahnen. Abgesehen von kleinen technischen Pannen, kommt es nur zu Entgleisungen oder Unfällen, wenn ein Lokführer das Betriebsreglement missachtet.


Beim Bundesgericht passiert das heute nicht mehr, weil die verantwortlichen Abteilungspräsidenten der Zuverlässigkeit des Systems vertrauen und sich hüten, eigenmächtig ins Räderwerk zu greifen. Anders beim Bundesverwaltungsgericht, welches das bewährte Verfahren aus Lausanne zwar übernommen hat. Einige der Richter setzen sich aber in falsch verstandenem Interesse der Parteien immer wieder über die bewährten Regeln hinweg und mehr oder weniger direkt in die Nesseln. Auf Einladung der Gerichtsleitung traten deshalb heute gleich drei erfahrene Gerichtsberichterstatter an einer Plenarversammlung des Gerichts in Bern auf und versuchten, die siebzig Richtern mit der Gerichtsberichterstattung vertraut zu machen. Mit welchem Erfolg wird sich spätestens dann ein erstes Mal weisen, wenn das Gericht sein Urteil im Streit über Googles StreetView bekannt gibt.
fel.


PS: Was gewissermassen auf dem soliden Gestein des Matterhorns gewachsen ist, sollte eigentlich so zuverlässig sein, dass niemand sich veranlasst sehen müsste, das Rad alle drei Monate neu zu erfinden!

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