1. Februar 2010

Grammatik und Poesie



Ich weiss, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Ich will es trotzdem tun von Zeit zu Zeit und auf diesen Kalenderblättern über Misshandlungen der schönen Sprache Goethes schreiben. Über sprachliche Fehler und Schnitzer in Gerichtsurteilen, aber auch in der Gerichtsberichterstattung.

Dass der Dativ dem Genitiv sein Tod wurde, ist Schnee von gestern. Und dass hie und da einer ein Akkusativ verpasst, kommt regelmässig vor. Gestaunt habe ich unlängst, dass sogar den Nominativ vergessen werden kann. Ich zitiere aus einem Medienbericht über eine Strafgerichtsverhandlung: «Doch statt der Dirne erwarten ihn dort zwei Männer: einen 26-jährigen Italiener und einen 23-jährigen Schweizer.»

Schmunzelnd habe ich den Text einem auf den Tag genau heute vor zehn Jahren pensionierten Gerichtsschreiber geschickt (Bild), der einst als das sprachliche Gewissen des schweizerischen Bundesgerichts galt. Statt sich zu grämen über den Niedergang der deutschen Sprache, wurde er poetisch und dichtete zurück:


«Der Taugenichts – heutzutage


Was die Zeitung berichtet, ist eine Perle:
Hätten doch die zwei dummen Kerle
der Geldbeutel dem Freier nicht geklaut
und das Gerät vom Auto nicht ausgebaut,
wäre den Raub von dem Falschgeld nur Versuch
und untauglich – so steht’s im Lehrbuch.
Untauglich ist auch der Schreiberling,
der ein so simpel-einfaches Ding
wie der Werfall der deutschen Muttersprache
und der Wenfall, auch eine leichte Sache,
noch nie im «Heuer» gefunden hat.
Das ist blamabel – in der Tat.»

Dem ist nichts beizufügen - ausser vielleicht, dass der erwähnte «Heuer», Walter mit Vornamen, Autor des Buchs «Richtiges Deutsch» ist.
fel.

PS: Nur wer nichts tut, macht keine Fehler. Und viele sprachliche Böcke, die da geschossen werden, gehen gar nicht auf sprachliches Unvermögen zurück, sondern vielfach auf allzu hektisches Hantieren mit der elektronischen Textverarbeitung.

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