Unabhängig davon, was in Japan geschehen ist und noch geschehen wird, gibt es gute Gründe für eine kritische oder gar ablehnende Einstellung zur Atomenergie. Zwar bezweifle ich, ob es unserem Planeten besser ginge, wenn seit dem zweiten
Weltkrieg bei der Stromproduktion konsequent fossiles Material verbrannt worden wäre. Dagegen wären wir technologisch fraglos besser aufgestellt, wenn bei der Forschung statt auf atomare konsequent auf erneuerbare Energie gesetzt worden wäre. Zudem würden wir unseren Nachkommen nicht das bisher ungelöste Problem der Endlagerung der radioaktiven Rückstände hinterlassen.
Dennoch habe ich kein Verständnis dafür, wenn jetzt auf Twitter jeder unbesehen als menschenverachtender Schweinehund ausgegrenzt wird, der positiv zur Atomenergie steht oder stand. Auch für diese energiepolitische Haltung gibt es gute Gründe, und die menschliche Gesellschaft hat - im Rahmen des sogenannten erlaubten Risikos - stets gefährliche Aktivitäten zugelassen, sofern sie auch Nutzen erbringen. So wird Autofahren ohne Weiteres toleriert, obwohl nach Erhebungen und Schätzungen von Weltbank und Weltgesundheitsorganisation jährlich 1 bis 1,2 Millionen Menschen im Strassenverkehr umkommen (Wikipedia). Eine Opferbilanz, die im Bereich der zivilen Nutzung der Kernenergie selbst im GAU-Jahr von Tschernobyl bei Weitem nicht erreicht wurde. Es gilt, die Proportionen zu wahren, ohne deswegen die Risiken der Atomenergie und deren ungelöstes Problem der strahlenden Endlagerung zu verharmlosen.
Danke für deine Worte. Es ist immer unheimlich zu sehen wie auf Twitter polarisiert wird und nur vermeintliche Gut- oder Bestmenschen sich dort rumtummeln. Da bekomm ich grad ein schlechtes Gewissen weil ich nur einen Teil meines Stromverbrauches durch Sonnenstrom aus dem Berner Seeland abdecke. (und weil ich sehrwahrscheinlich nicht sehe wie 80% der Gut- und Bestmenschen ja einfach den billigsten Strom wo's gibt konsumieren.)
AntwortenLöschenschön zu sehen, dass ich nicht der einzige bin der gerade mühe hat mit dem was in twitter, facebook abgeht. dachte bisher ich sei der einzige der diesen irrsinn komisch findet...
AntwortenLöschenBesten Dank für diesen Artikel hier. Es freut mich das jemand meine Ansicht teilt.
AntwortenLöschenIch habe 5 Jahre in einem AKW gearbeitet und finde es teilweise auch abschätzend gegenüber den Angestellten in Schweizer KKWs, die jeden Tag sehr gute Arbeit leisten. Zudem muss man immer relativieren und kann nicht von Katastrophen in anderen Ländern mit anderen Gegebenheiten und Sicherheitsstandards auf uns schliessen.
Auf Grund des hohen Stromverbrauchs in unserem Land müssen wir einen Teil der Energie ständig produzieren können, da reicht Wasserkraft nicht aus. Insofern würde bei uns ein Nein zum Atomstrom zwangsläufig zum Einkauf im Ausland führen und da wird der Strom wohl auch aus AKWs kommen. Aus diesem Grund sehe ich lieber eigene Kraftwerke mit unseren hohen Sicherheitsstandards...
Bin etwas abgeschweift... sorry...
Auch ich bedanke mich für die klaren Worte (und danke dass ich hier die Klappe noch offen halten darf). Wir haben keinen Begriff von der Bedrohung durch Erdbeben, nachdem es in der Schweiz in mehr als 2000 Jahren gerade mal zwei Erdbeben der Stärke 6.9 gegeben hat - und Japan war 8.9 (logarithmisch), also massiv stärker. Nun wollen ein paar Leute politisch profitieren und sind sich wohl nicht bewusst, welche Katastrophe in Japan im Gang ist - allein schon auf Grund des Tsunamis. - Ich selbst konsumiere u.a. Atomstrom aus Mühleberg und wohne 10km östlich von Mühleberg - und bin eigentlich ganz zufrieden. Und ja, für alternative Energien und mehr sparen bin ich auch, bin z.B. täglich zu Fuss in den 4. und den 6. Stock unterwegs. Darum lasst uns einfach an die Menschen in Japan denken - unsere eigenen "Probleme" sollten wir nicht überbewerten.
AntwortenLöschenDas Energieproblem lässt sich nicht so einfach lösen, wie viele meinen. Der einzige Weg, der wirklich zum Ziel führen würde, ist sparen. Die Menschheit ist aber noch nicht zu dieser Einsicht gekommen. Ich zähle mich dazu.
AntwortenLöschenEine seriöse Beschreibung des Zwischenfalls in Japan findet sich bei BBC unter dem Titel "Huge blast at Japan nuclear power plant".
Unfälle: es ist schon lange wissenschaftlich erwiesen, dass spektakuläre nicht alltägliche Unfälle wesentlich stärker wahr genommen werden als alltägliche Autounfälle. In den USA sterben jedes Jahr 8.000 Leute im Strassenverkehr und die meisten kennen nicht mal diese Zahl ...
Der Vergleich mit Toten im Strassenverkehr finde ich jetzt ziemlich gewagt - Vergleiche bewegen sich immer in der Gefahr, Äpfel mit Birnen zu verwechseln.
AntwortenLöschenDazu wissen wir alle, dass die Abfall-Problematik der AKW's immer noch nicht gelöst ist - darum ist Strom von dort eben nicht so "sauber", wie das immer wieder gerne betont wird.
Die ganze Problematik liegt eher da, dass wir uns in eine Sackgasse manövriert haben, weil zu viel auf die Energie von Oel und Strom (AKW's) gesetzt wurde und die Alternativmöglichkeiten immer noch stiefmütterlich behandelt werden. Die Macht der Lobbys (Atom, Oel) sind offenbar nicht zu knacken und darum enden wir jetzt wohl definitiv in der Sackgasse.
Ich frage mich einfach, wie viele Unfälle noch passieren müssen, bis endlich begriffen wird, dass diese Technologie alt, gefährlich und zu ersetzen ist. Die Problematik ist längst bekannt, doch seither ist wenig gegangen. Es ist m.E. eine frage des politischen Willens, ob erneuerbare Energien stärker gefördert und in der Wirtschaft eingesetzt werden oder nicht.
AntwortenLöschenDie Verurteilung der - wie man jetzt live erleben kann - unberechenbaren Atomkraft hat nichts mit Gutmenschentum zu tun, sondern ist einfach ein trauriger und bitterer Protest.
@ tin.....:
AntwortenLöschen..... wie sauber is' denn der "saubere" strom.....?
..... wasser, das in niedrigpreiszeiten (nachts) wieder mit billigerem atomstrom in die stauseen hochgepumpt wird und/oder chemische abfälle aus der photovoltaikproduktion.....
..... zudem sind windkraftanlagen, photovoltaik und geothermie (im moment) weniger effizient.....
..... fakt is', wir alle verbrauchen von jahr zu jahr mehr strom, dieser muss irgendwo her kommen, denn kaum einer will doch auf annehmlichkleiten des täglichen lebens verzichten.....
..... somit sehe ich das wie auch schon ein anderer kommentator, die menschheit hat immer mit risiken kalkuliert, oft auch mit den einschätzungen daneben gelegen, aber es gibt uns noch und wir tanzen weiter auf dem schmalen grat zwischen selbstzerstörung und weltenheil.....
..... nun auch noch ein paar worte zum eigentlichen thema.....:
..... ja, auch ich stelle fest, dass viele twitter-nutzer gerne notorisch weltverbesserer sein möchten, oder wie andere sagen würden gutmenschen.....
..... das trägt doch jeder in seiner weise in sich.....
..... nur, um gerade bei der stromproblematik zu bleiben, diesen sage ich, dass sie vielleicht den rechner ausschalten und vielleicht 'n warmes mützchen stricken sollten, denn dies schont die umwelt am meisten, man verbraucht weniger strom und auch weniger fossilen brennstoff für die heizung.....
Ich war gestern an einem eindrücklichen Vortrag eines konsequenten AKW-Gegners. Leider habe ich nicht viel mitbekommen vom Vortrag, weil der Aktivist ohne Verstärker gesprochen hat. Der Veranstalter konnte halt nicht garantieren, dass er den Vortragssaal mit 100% sauberem Strom betreibt. Gesehen habe ich entsprechend auch nichts, weil der Saal dunkel blieb. Offen gestanden weiss ich gar nicht, ob der Redner überhaupt gekommen ist, denn ich war nicht vor Ort: schliesslich werden die Trolleybusse zwar mit Strom aus dem Grimsel betrieben, der aber seinerseits mit schmutzigem Atomstrom in der Nacht gefüllt wird. Und ob der Vortrag überhaupt stattgefunden hat ist auch nicht sicher, denn auch die Werbeindustrie kann nicht garantieren, dass ihre Kameras, Printer, Grafikprogramme und Zeitungsinserate mit sauberem Strom betrieben wurden. Dass ich euch hier darüber berichten kann ist nur deshalb möglich, weil ich irgendwo gelesen habe, dass die blogspot-Server mit Strom aus einem polnischen Kohlekraftwewrk betrieben werden...
AntwortenLöschenGut argumentiert.
AntwortenLöschenIch finde es interessant zu beobachten, wie auf Twitter (auf Facebook weniger) die Leute mit der aussergewöhnlichen Situation und den aufrührenden Bildern umgehen. Mir scheint, dass die meisten das auf die für sie typische Weise tun: Zyniker zynisch, Scherzkekse mit (oft leider sehr schlechten) Witzen, Analytiker analytisch und die, die es schon immer wussten, wissen es jetzt natürlich noch viel besser.
Das muss man aber auch nicht überbewerten. Wenn in bewegten Zeiten auf Twitter einem aus lauter Gefühlsaufwühlung ein unbedachtes (ignorantes oder völlig danebenes) Statement rausrutscht, dann nützt das niemandem was, aber die Debatte darüber, was man wie sagen darf oder nicht, führt (auf Twitter) ja auch nicht dazu, dass die Leute sich auf Sachlichkeit besinnen.
Drum finde ich es okay, wenn die Leute Twitter als Ventil nutzen und erlaube mir bei gröberen Entgleisungen eine kurze, sachliche Replik.