Der Bündner Ständerat Martin Schmid fordert laut Aargauer Zeitung in einer Motion einen Internet-Live-Stream der «Verhandlungen im Bundesgericht». Dem wird entgegen gehalten, das geltende Reglement verbiete Ton- und Bildaufnahmen. Übersehen wird, dass es am Bundesgericht faktisch gar keine öffentlichen Verhandlungen mehr gibt.
Das Bundesgerichtsgesetz sieht zwar vor, dass das Bundesgericht eine mündliche Parteiverhandlung durchführen kann, die öffentlich sein müsste (Art. 57 und 59). Vorgekommen ist das aber seit dem Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes soweit erinnerlich noch nie. Insoweit erweist sich die Motion Martin Schmids wie so manch anderer parlamentarischer Vorstoss als Furz im Wasserglas. Möglicherweise bringt der Bündner Ständerat indes etwas durcheinander, was selbst bestandene Bundesrichter nicht immer auseinander halten können. Vielleicht meint er ja gar nicht Verhandlungen, sondern die paar Dutzend öffentlichen Urteilsberatungen im Jahr, die das Bundesgericht abhalten muss, wenn sich einmal partout keine Einstimmigkeit erzwingen lässt (Art. 58 Bundesgerichtsgesetz).
Diese seltenen Veranstaltungen könnten ohne Weiteres per Internet-Live-Stream übertragen werden. Dass das Reglement Ton- und Bildaufzeichnungen verbietet, stünde dem nicht entgegen, geht doch auch das Bundesgericht selber davon aus, dass eine reine Übertragung keine Aufzeichnung ist. Natürlich liegt es nahe, dass der Stream aufgezeichnet und das Verbot damit faktisch unterlaufen wird. Daher wäre es wohl richtig, bei einer Annahme der Motion Schmid auch das Reglement anzupassen, zumal das Verbot ohnehin nicht auf Urteilsberatungen zugeschnitten ist. Ton- und Bildaufnahmen sind zum Schutz von Parteien und Drittpersonen verboten, und das zu Recht. Bei einer öffentlichen Urteilsberatung jedoch sind ausschliesslich die Richter und ihr Schreiber zu sehen, die gewählt und teuer besoldet sind, um - auch öffentlich - ihres Amtes zu walten.
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