5. September 2011

Nützliche Vergesslichkeit

Nachdem schon zum zweiten Mal der Prototyp eines neuen iPhone-Modells an unpassendem Ort «verloren» ging und gross von sich reden machte, wurde verschiedentlich die Vermutung laut, es handle sich um einen Marketing-Gag. Ich weiss nicht, was ich davon halten soll, und will davon absehen, den Hohepriestern der Apfel-Sekte Unlauteres zu unterstellen. Das Ganze rief mir indes einen Vorgang in Erinnerung, der sich Mitte der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts am Bundesgericht abgespielt hatte.


Es amtete eine etwas spezielle Figur als Präsident des höchsten Schweizer Gerichts damals. Er legte sich mit fast allen an und liess auch die Journaille nicht aus. Diese beschwerte sich in der Folge mit klaren Worten bei der Geschäftsprüfungskommission des Parlaments über das Verhalten des Bundesgerichtspräsidenten. In ihrer schriftlichen Stellungnahme an das Parlament verabreichte dann die Verwaltungskommission des Gerichts der ungeliebten Presse ihrerseits eine kalte Dusche, was innerhalb des Palais genüsslich weiterverbreitet wurde. Die Antwort der parlamentarischen Geschäftsprüfungskommission schliesslich erwies sich als geradezu eiskalte Dusche für die Verwaltungskommission und den Präsidenten. Nur dass dieses Schreiben natürlich intern unter Verschluss gehalten wurde. Jedenfalls bis ich das Problem auf meine Art löste, indem ich unser Exemplar des Briefes am Kopierer beim Eingang zur Cafeteria kopierte und «versehentlich» ein Exemplar liegen liess. Das parlamentarische Schreiben erlangte innert kürzester Zeit ähnlich viel Beachtung wie heutzutage ein liegen gebliebener iPhone-Prototyp.

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